Dieser Beitrag enthält Werbung und Werbelinks.
Dieser Beitrag wurde ursprünglich im Sommer 2019 für das Format „Sieben Bilder mit …“ vom Blog Analogkollektiv geschrieben. Der Beitrag wurde auch angenommen, aber nie veröffentlicht. Ich fand es zu schade, das Werk im Archiv liegen zu lassen. Daher veröffentliche ich selbst.
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Wenn Autos anstatt Menschen in der Menge stehen, wenn alle zur Musik tanzen, du aber nichts hörst, wenn Schreie und Jubel in Lichthupe umgesetzt wird, dann weißt du nicht, was los ist und was du eigentlich hier machst.
Vor einigen Wochen begleitete ich meinen Vater auf einem seiner DJ Gigs. Eine 80er-Jahre Party in einem Autokino: „Ab in die 80er – Autokino Edition“. Für ein paar Fotos auf jeden Fall interessant genug, also packte ich meine Sachen und fuhr mit.
Nach Aufbau und Anschluss der musikalischen Gerätschaften, strömten auch schon die ersten Gäst… äh, ich meine Autos, auf das Gelände. Wie auf einem Parkplatz reihten sie sich vor der Bühne auf und das selbstverständlich mit Mindestabstand. Auf dem Weg zum Platz fuhr man mehrere Stationen ab. Kartenkontrolle, Getränkestation, Snackstation und Toilette.
Zur Toilette darf man später auch noch, aber nur mit Maske.
Es ist üblich das wir kurz vor dem Gig noch was essen. Aber fast nix in der Nähe. Der Sprödental Imbiss war unsere Rettung. Gyros. Ahh mh!
Zurück am Platz
„Sag mal, funktioniert die Anlage nicht?“, dachte ich und versuchte die Lautsprecher auf der Bühne zu finden. Keine da.
Mein Dad fing an aufzulegen. Die Leinwand blitzt. Ich höre nichts. Doch die Menge jubelt!
Dann hab ich es verstanden. Die Musik fand nicht ihren Weg über große Lautsprecher auf der Bühne, wie normalerweise, in das Ohr des Zuhörers, sondern über einen nur für die Party eigens aufgebauten UKW-Sender. Empfangen wird der temporäre Partysender über das eigene Autoradio. Dazu auf der Leinwand die passende Videoshow. Musikvideos, kultige Werbespots und Einspieler aus die uns zurückversetzen in das ereignisreiche Jahrzehnt.
Die Autos wackeln, die Lichthupen machen Stimmung, aber man hört nichts. Einfach nichts.
Sollte. Hätte. Könnte. Machen.
Ich konnte meinem Vater ansehen, dass ihm die Rückmeldung der Leute fehlte. Zwar gab es einen Kameramann der ständig über den Platz lief und das Geschehen aus allen möglichen Perspektiven filmte und live auf die LED-Leinwand, auf dem sonst passend zur Musik die Musikvideos liefen, projizierte, doch auch hier konnte man als DJ kaum Rückmeldung feststellen.
Die „Parties“ beschränkten sich auf die Sphären der Autos. Im 1,5 Meter Mindestabstand mal zwei.
Ich lief über den Platz und besuchte jede drei Meter-Durchmesser-Party.
Alle gut gelaunt. Alle in Feierstimmung. Das Musik- und Videoprogramm kommt gut an. Sie ließen mich ihren Moment festhalten.
Eine 80er Jahre Party, mit einer Canonet die in den 70ern und 80ern wahrscheinlich typisch für solche Szenarien war zu fotografieren, war für mich natürlich auch eine Zeitreise.
Ich fotografierte die Stimmung, die Menschen, das Geschehen. Einige brachten sich selbst Snacks und Getränke mit. Manche Gäste saßen mit Kindern und Hund im Auto. Wieder andere ließen sich nicht vom Auto begrenzen und feierten aus dem Schiebedach in die Welt hinein.
Es tat den Leuten gut, das merkte man. Jeder musste mal raus. Was neues sehen, was anderes machen.
Die Party erreichte aufgrund der behördlichen Bestimmungen recht früh ihren Höhepunkt und die Gastfahrzeuge wurden vom Platz geführt. Auch wir verließen das Gelände. Ich mit gefühlt guten Bildern im Kasten. Der DJ mit der Frage, wie es denn war, denn dort oben, bekommt man keine Reaktion der Leute mit.
Wir sollten oder hätten Zuhause bleiben können. Wir hätten uns nicht die Mühe machen müssen. Doch als uns ein Virus fast alles verboten hatte, haben wir trotzdem einen Weg gefunden, mit Musik eine Zeitreise zu unternehmen.
Danke an alle, die da waren!